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                                                            Dachatlas 1975 / 1980: Geneigte Dächer:  Dachtragwerke - Dr.-Ing. Wolfgang Brennecke

Gelegentlich sollen Sparren. oder Kehlbalkendächer verwendet werden, wo horizontale Auflagerkräfte nicht oder nur schwer aufzunehmen sind [88]. Man kann dann eine oder beide Dachflächen als Scheiben ausbilden.

Scheiben nennt man Tragwerke, die in einer Ebene ziemlich ausgedehnt, senkrecht dazu jedoch dünn sind. Sie können erhebliche Kräfte aufnehmen, sofern diese in ihrer Ebene wirken - Spannungen und Verformungen bleiben meistens gering. Scheiben kann man auch als sehr hohe und schmale Biegeträger auffassen. Sie brauchen keineswegs senkrecht zu stehen, sondern können auch waagerecht oder, wie hier, schräg angeordnet werden.

Das Kräftespiel des ganzen Dachtragwerks lässt sich so vorstellen:

Die Belastung wird zunächst wie in einem gewöhnlichen Sperren- oder Kehlbalkendach abgetragen. Die nicht von der Unterkonstruktion aufzunehmende horizontale Auflagerkraft wird dann in zwei Komponenten zerlegt, von denen die eine senkrecht, die andere in der Dachebene verläuft [89]. Die senkrechte Komponente vermindert die sonst auftretende vertikale Auflagerkraft, die in der Dachebene wirkende belastet die Dachscheibe und wird von dieser zu den Giebelwänden gebracht [90].

Natürlich setzt dieses Kräftespiel eine entsprechende Ausbildung der Scheibe voraus. Die Sparren und Dachlatten vermögen für sich allein zwar in ihren Längsrichtungen wirkende Kräfte aufzunehmen [91], unter der Wirkung von Schubkräften würde sich das Trägergitter jedoch verformen [92]. Damit die Konstruktion auch dann starr bleibt, sind zusätzliche Bauelemente auf oder unter den Sparren erforderlich:

Oft verwendet wird hierfür eine Diagonalschalung [93]. Sie bildet zusammen mit Sparren und Dachlatten ein Pfostenfachwerk (vgl. Seite 95). Dementsprechend muss die Richtung der Diagonalen in Dachmitte wechseln. Liegt die Schalung unter den Sparten, sind in den Sparrenfeldern Aussteifungen anzubringen, damit die Sparren sich nicht verdrehen.

Eine normale, längslaufende Schalung kann zwar die Dachlatten entlasten oder ersetzen, muss aber stets durch aufgenagelte Diagonalen verstärkt werden [94].

Holzspan- oder Sperrholzplatten sind geeignet, sofern es sich um Platten entsprechender Güte handelt (Flachpressplatten für die Anwendung im Bauwesen noch DIN 68761, Blatt 3, und Bau-Furnierplatten nach DIN 68705, Blatt 3). Sie genügen auch, wo die Dachlatten fehlen. Man kann sie versetzt stoßen oder mit besonderen Verbindern zusammenfügen [95].

Die Anschlüsse müssen stets rechnerisch überprüft werden. Besonderes Augenmerk ist der Verankerung der Scheiben an den beiden Giebelwänden zu widmen.

In jedem Fall ist zu überlegen, ob die entstehenden Mehrkosten im richtigen Verhältnis zum damit erzielten Erfolg stehen.

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